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Agnes Fritz

GESCHÄFTSFÜHRERIN VIVA CON AGUA ARTS

Text: Regine Marxen | Fotos: Julia Schwendner; Mike Schaefer; Sebastian Madej

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 60

Aus Kunst wird Wasser. Das ist die ganz große Idee hinter Viva con Agua ARTS. Klingt magisch, ist es nicht. Es ist Arbeit, und die, die diesen Job beherrscht, heißt Agnes Fritz und ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation. Seit knapp drei Jahren ist die 34-Jährige für das verantwortlich, was hier geschieht. Das Unternehmen ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Spin-off von Viva con Agua de Sankt Pauli e. V. Der Verein setzt sich weltweit für den Zugang zu sauberem Trinkwasser, Sanitärversorgung und Hygiene ein. Viva con Agua ARTS unterstützt diese Mission, und zwar durch die Umsetzung von Kulturveranstaltungen und -Initiativen. Die bekannteste unter ihnen ist die Millerntor Gallery, die in diesem Jahr bereits zum elften Mal stattfand. Auf dem quietschbunten Kunstfestival im Millerntor-Stadion werden vor Ort Kunstwerke verkauft, und die Kunstschaffenden können selbst entscheiden, ob und wie viel sie von der Kaufsumme an Viva con Agua spenden möchten. Die so generierten Gelder fließen dann in die globalen Hilfsprojekte ein. Auf diese Weise wird der Bau und Ausbau von Brunnen in Uganda und Äthiopien finanziert oder das Duschmobil Nina Manzi in Südafrika unterstützt, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Ein kreativer Kreislauf, der Kunst in Wasserprojekte übersetzt.

Dass das funktioniert, ist auch den über 250 Ehrenamtlichen zu verdanken, die sich tatkräftig engagieren. Denn zu tun gibt es hier einiges. Durchschnittlich besuchen laut Veranstalter rund 17.000 Menschen das viertägige Kunstfestival. Ein ziemlich gut gelauntes Event inklusive Tattoo Artists, Livemusik, Drinks, Food und ganz viel Lebensfreude als Sahnehäubchen. Die Ernsthaftigkeit des Anliegens sieht man ihm nicht zwingend an. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Genau das ist Teil des Konzepts. „Wir wollen die Lebensrealität und die Projekte vor Ort, beispielsweise in Uganda oder Indien, abbilden“, sagt Agnes Fritz. „Aber wir wollen nicht mit dem Leid der Welt spielen.“ Gut gelaunter Aktivismus mit Tiefgang also. Kommt das auch draußen an? „Wir führen diese Diskussion auch intern und arbeiten jedes Jahr hart daran, die richtige Balance zu finden in der Art der Abbildung von Lebensrealitäten, also von Not, und kreativer, künstlerischer Power.“

Agnes Fritz kennt beide Seiten. Sie war schon Teil des „Viva con Agua“-Kosmos, bevor sie Geschäftsführerin wurde. Eigentlich seit sie wegen ihres Studiums aus dem Stuttgarter Raum nach Hamburg gezogen ist. Sie engagierte sich ehrenamtlich im Verein, nahm in dieser Zeit an einigen Projektreisen teil. „Es gab damals immer mindestens eine Situation, in der ich Rotz und Wasser geheult habe, weil die Lebenssituation für die Menschen dort so hart war“, erinnert sie sich. Aber es gab eben auch diese anderen Momente, in denen sie erlebte, welche Kräfte Kreativität entfesseln und wie gewinnbringend der Austausch auf Augenhöhe sein kann. Das motivierte sie, zu bleiben und sich weiter zu engagieren.

Die Millerntor Gallery ist das Flaggschiff von Viva con Agua ARTS. Hinzu gesellen sich weitere Initiativen. Eine davon ist Alpagua, das „Viva con Agua“-Alpaka. Blau wie Wasser ist es, hat große Augen, trägt ein weißes Shirt mit „Viva con Agua“-Print und ein oranges Cap auf dem kantigen Schädel. Die Zeichentrickfigur ist nicht nur Held einer Pixi-Buchserie, sondern bekommt demnächst auch ein eigenes Musik­album mit Social Hits for Kids, Songs über saubere Trinkwasserprojekte und Nachhaltigkeit. Agnes Fritz hat einen Sohn und eine Tochter, fünf und eineinhalb Jahre alt. Das Album kann also im Spielbetrieb daheim gleich ausgetestet werden. Sozialpolitisches Engagement hört bei ihr eh nicht vor der Haustür auf. Ginge auch gar nicht, ihr Mann Micha Fritz ist Mitbegründer von Viva con Agua und bezeichnet sich selbst auch als Konzeptions-Aktivist. Zusammen hatten die beiden vor, Viva con Agua in Kalifornien aufzubauen. 2018 zogen sie deshalb in die USA, aber die Pandemie beendete das Unterfangen, bevor es wirklich beginnen konnte. Die beiden sind ein Paar, das sich ergänzt wie fordert. Man kann das auch auf ihrem Instagram-Kanal verfolgen. Familie Fritz geht selten Diskussionen aus dem Wege und setzt sich in ihren Insta-Storys und -Reels öffentlichkeitswirksam für Themen wie Care-Arbeit oder Gendergerechtigkeit ein. Gern mit einem Augenzwinkern. Auch ein Job, den Agnes Fritz beherrscht. Authentizität trifft Professionalität, und beides mischt sich mit einer gehörigen Prise Optimismus und Kreativität. Fertig ist der gut gelaunte Aktivismus, der so charmant daherkommt, dass man sich ihm eigentlich kaum entziehen mag. Diese Strategie verfängt, sie macht Dinge möglich. Sie kann aus Kunst Wasser machen. Über Umwege. Agnes Fritz geht diese gern. Oder besser: Sie geht schon mal voran. Es könnte sich lohnen, ihr ein Stück des Weges zu folgen.

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