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Farhad Vladi

INSELVERKÄUFER

Text: Regine Marxen Fotos: Jan Northoff

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 64

Seine erste Insel verkaufte Farhad Vladi am 12. März 1971. Weil er selbst eine kaufen wollte, nachdem er in einer Zeitung gelesen hatte, dass man diese schon für 5000 D-Mark erwerben könnte. Er recherchierte und stieß auf die Insel Cousine Island, ein Juwel auf den Seychellen. Kostenpunkt: eine Million D-Mark. Zu teuer für den Mitte 20-Jährigen. Aber für andere? Farhad Vladi switchte vom Käufer zum Verkäufer und versandte Offerten an bekannte Unternehmer. Die Hamburger Albert Darboven, Robert Vogel und Enno von Marcard schlugen zu. 30.000 D-Mark Provision brachte ihm dieser erste Deal ein. „Für mich war das damals eine Stange Geld.“
Das ist der Gründungsmythos von Vladi Private Islands. Inzwischen besitzt Farhad Vladi seine eigene Insel, Forsyth Island vor Neuseeland. Sattgrün, mit Schafen darauf und Bergen. Flache Landschaftspanoramen mag er nicht so gern. Bis heute hat er 3500 Inseln verkauft. Große Millionenobjekte, aber auch kleinere. Sein Credo: „Wer sich ein Auto leisten kann, kann sich auch eine Insel leisten.“ Nun gut, kommt aufs Auto an. Die schönsten Inseln gibt es auf den Seychellen, weil sie aus Granitstein bestehen. Jedoch sind Inseln in kälteren Gebieten oft günstiger. „Für 120.000 kanadische Dollar, das sind ungefähr 80.000 Euro, können Sie eine schöne Insel kaufen, die dann aber im Winter limitiert nutzbar – und nicht alle erschlossen sind.“ Die Lösung: „Eine Floating Villa, ein schwimmendes Haus, mit dem Sie vor der Insel andocken können. Wir bieten sie in Kooperation mit der Meyer Werft an. Unser neuer Showroom in San Francisco wurde gerade eröffnet.“ Günstig ist diese Lösung nicht, „aber die Natur auf der Insel bleibt so ungestört.“ Warum sollte man eigentlich überhaupt eine Insel kaufen? „Weil man dort mit der Natur eins werden kann bei maximaler Privatsphäre.“
Inseln sind Unikate, jede von ihnen hat eine eigene Seele. Wer eine erwerben möchte, sollte sich vor dem Kauf mindestens eine Woche dort aufhalten, empfiehlt der Inselverkäufer. Alle anderen Details über das Wunsch-Eiland erfährt man dann von ihm. In seinen Büroräumen im fünften Stock am Ballindamm reihen sich Aktenschränke auf meerblauem Teppich aneinander. Philippinen, Seychellen, Karibik oder Kanada steht in großen Lettern auf den Schubladenfronten.

Im Inneren befinden sich Hängeregister. Jede Akte eine Insel, rund 12.000 Ordner lagern hier, gefüllt mit Fotos, Karten, Unterlagen. Auf dem Tisch im Besprechungsraum liegen Flaschenöffner in Palmenform, auf dem danebenliegenden Notizbuch steht „Inselmemoiren“, an den Wänden hängen Kalender mit Inselmotiven. Sie sind limitiert, es gibt sie nur für Kunden. Das Inselgeschäft ist ein kleiner Markt, Vladi gilt als international geschätzter Experte auf dem Gebiet. Auf seiner Kundenliste finden sich Namen wie Johnny Depp, Paul McCartney und Cristiano Ronaldo. Bill Gates und das britische Thronfolgerpaar Kate und William haben bereits eine Insel über ihn gemietet. Kunden aus Hamburg hat er auch. Welche? Schweigen.

Diskretion gehört zum Geschäft. Vladi ist ein zurückhaltender Mann, höflich, kommunikativ, zugewandt und mit einer kaufmännischen Ader ausgestattet. VWL hat er studiert, dann – seinem Vater zuliebe – eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Deutschen Bank gemacht. Die Idee, Inseln zu verkaufen, hielt der für sehr fremd. „Mir aber war klar: Ich bleibe im Inselgeschäft. Mich hat das einfach sehr glücklich gemacht.“
Wie wird man Inselverkäufer? Man muss das Produkt kennen.
Ein Inselverkäufer ohne Inseln ist wie selbige ohne Meer drum herum. Also sammelte Farhad Vladi Informationen über Inseln im Privatbesitz weltweit. Mit detektivischem Spürsinn, denn damals gab es noch nicht die allwissende Macht des Internets. Auch mit der Transparenz war es nicht weit her, Grundbücher waren teilweise verschlossen. Er musste viel reisen, Kontakte knüpfen, mit Karten und Globen arbeiten. Das Material dafür erwarb er im Fachgeschäft Dr. Götze Land & Karte in der Hamburger Altstadt. „Ich war, glaube ich, der beste Kunde.“
Als der damalige Inhaber Andreas Götze vor 24 Jahren den Familienbetrieb aufgeben wollte, übernahm er ihn kurzerhand, baute den Handel mit antiken Karten aus und verlegte das Ladengeschäft wieder in die Nähe des Gründungsorts ans Alstertor. Eine wirtschaftlich gut überlegte, aber auch emotionale Entscheidung. Es schwingt ein wenig Dankbarkeit mit für das, was er in Hamburg erreicht hat. Hätte er seine Firma in einer Metropole wie London eröffnet, hätte er vielleicht noch mehr Kunden angezogen, gerade zu Beginn. Aber er hängt an dieser Stadt. „Sie ist meine Heimat. Hier bin ich geboren und verwurzelt, und ich mag ihren Down-to-earth-Ethos.“

Von seinen drei Kindern lebt derzeit nur seine älteste Tochter in der Hansestadt. „Alle haben Spaß an Inseln, aber ich zwinge niemanden, das Unternehmen zu übernehmen.“ Wer weiß, mit welchen Visionen sie eines Tages vor ihm stehen werden. Vielleicht wird er sich dann fühlen wie sein Vater damals. „Für ihn war die Idee, Inseln zu verkaufen, so, als würde heute ein Kind zu seinen Eltern sagen: Ich möchte Grundstücke auf dem Mond verkaufen.“ Merke: Was heute seltsam klingt, kann morgen ein veritables Geschäftsmodell sein. Oder, um es mit den Worten des Inselverkäufers zu sagen: „Ich kann jedem jungen Menschen da draußen nur eines raten. Haltet an euren Ideen fest.“

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