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Mirco Wolf Wiegert

FRITZ-KOLA

Text: Jörg Fingerhut | Fotos: Jan Northoff

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 56

Die ursprüngliche Idee ist so simpel wie gut: „Eine geile Kola eiskalt gekühlt im Glas verkaufen.“ Mit dieser Idee, einem Businessplan, der auf eine DIN-A4-Seite passte, und 7000 Euro Startkapital sind Mirco Wolf Wiegert und Lorenz Hampl damals aus einem Studentenwohnheim in Othmarschen gestartet. Noch heute sind die Köpfe der beiden Hamburger Gründer elementarer Bestandteil des Logos – auch wenn Lorenz Hampl das Unternehmen 2016 verlassen hat. Und offensichtlich war es eine ganz gute Geschäftsidee, eine Kola mit maximal viel Koffein zu entwickeln, die auch deshalb nur in kleinen Glasflaschen gehandelt wird, weil schon kleine Mengen für eine belebende Wirkung ausreichen sollen. Denn heute sorgen fast 300 Fritzen, wie man sich intern und gendergerecht nennt, dafür, dass es nicht nur in ganz Deutschland eisgekühlte Kola in kleinen Flaschen gibt, sondern auch in ganz Europa.

„Als wir damals loslegten, waren die Marktbedingungen recht komfortabel: Ein etwas unaufmerksamer Monopolist und eine geradezu armselige Angebotssituation, was Kola und Limonade betraf“, so beschreibt es Mirco in seinem 2021 erschienenen Buch „fritz gegen goliath“. Also sind sie damals losgezogen und haben ihr Produkt kleinen Bars zwischen Schanze und Kiez angeboten. Nach ersten Erfolgen bei der Kaltakquise folgte irgendwann eine Doppelseite in der guten alten „MOPO“. Wenig später standen die ersten fritz-kola-Flaschen in einigen Hamburger Supermarktregalen.

Wichtig bei fritz-kola ist aber seit jeher nicht nur Wachstum und das Produkt allein, sondern auch eine Haltung, die extrem sichtbar ist. So gibt es nicht nur die bekannten Werbemotive wie „Ungeheuer wach!“ mit der Riesenkrake auf Dock 10, „Feiern ist das neue Arbeiten.“ oder „Nur Wasserwerfer machen wacher.“ gegenüber der Roten Flora. Es gab mit „Kreuz ohne Haken!“ eine breit angelegte Kampagne, mit der 2021 junge Menschen zur Wahl motiviert werden sollten. Oder die Initiative „Pfand gehört
daneben“, die mit einer eigens beauftragten Studie auf die Lebensrealität von 980.000 Pfandsammlern in Deutschland aufmerksam gemacht hat. Oder das kontrovers diskutierte Motiv „Zwei Nullen. Eine schmeckt.“, auf dem neben einer zuckerfreien fritz-kola auch ein Trump mit teuflisch roter Haut zu sehen war. Und die Motive zum G-20-Gipfel in Hamburg, wo zum Claim „Mensch, wach auf!“ die schlafenden Erdogan, Trump und Putin abgebildet waren. Es ist eine Haltung, die der ehemalige Pfadfinder Mirco Wolf Wiegert wie auch die Marke fritz-kola sehr glaubhaft transportieren. Und Mirco betont es selbst: „Wir haben einen Einfluss auf Hamburg und mindestens Norddeutschland. Und dem wollen wir gerecht werden: die Welt ein bisschen besser hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.“

Natürlich gibt’s in der jüngeren Firmengeschichte auch Dämpfer. Corona hat die Fritzen in den beiden letzten Jahren echt gefordert. Aber die Umsatzeinbußen durch die Schließungen von Bars und Restaurants und ohne Live-Events konnten durch den Handel halbwegs abgefedert werden. Jetzt geht es wieder voran. „Die Pandemie ist durch bei uns!“ Dafür gibt es heute neue Herausforderungen. Wegen des Kriegs liefern sie nicht mehr nach Russland. Und durch die Zerstörung von Glashütten in der Ukraine ist der Markt für Glasflaschen schwieriger geworden.

Nach fast 20 Jahren ist aus dem Gründer Mirco ein echter Mannschaftssportler geworden, der vor allem nach dem Ausstieg seines Partners Lorenz Hampl ab 2016 einiges geändert hat. Er hat Leute gezielt dazu- und auch in den Gesellschafterkreis geholt, um die Marke dauerhaft am Markt zu halten. „Irgendwann brauchst du einfach das Können und auch das Wissen, um so viele Menschen mitzunehmen.“ Für die Managementqualitäten ist seitdem Winfried Rübesam an Bord. Die große Kunst ist es, relevant zu bleiben und die Marke erlebbar zu machen. Dafür ist Mirco eine Art Kurator. Er setzt den groben Rahmen für die vielen sozialen und gesellschaftlichen Themen bei fritz-kola. Dafür ist es wichtig, seinen Kopf immer mal wieder rauszubewegen und zu schauen, was draußen passiert. „Ich mache viel zu Fuß und mit dem Fahrrad.“

Ein Ergebnis dieser Karriere von bald 20 Jahren ist, dass wir zum Gespräch auf St. Pauli eben keine labbrige Coke aus großen Plastikflaschen in ein Glas mit Eiswürfeln eingeschenkt bekommen. Wir bekommen eine blitzkalte Flasche geöffnet, mehrfach wiederverwendbar. Allein dafür hat sich alles gelohnt.

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