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Spotlight –

Stadthöfe

Text: Simone Rickert   
Fotos: Giovanni Mafrici

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Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 46

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Handverlesene Titel, unabhängige Verlage, das wohlgewählte Wort und gute Geschichten. Hier findet man Interessantes, das auf keinem Bestseller-Ranking steht. Nicht zufällig hat das Geschäft seinen Namen, das Café darin lädt zum Verweilen ein. Das Ambiente ist modern, mit Geschmack eingerichtet. Auch dieser Laden ist inhabergeführt, von Stephanie Krawehl. 
Sie ist Buchhändlerin mit Leidenschaft für gute Literatur und mindestens ebenso engagiert, wenn es darum geht, politisch Haltung gegen Rechts zu zeigen, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen. Als die Kulturbehörde sie vorgeschlagen hat, um in diesem ehemaligen Behördengebäude der Polizei, ab 1933 Sitz der Gestapo, eine Buchhandlung samt Erinnerungsort eröffnen zu dürfen, war sie geehrt und hat dafür nach nur kurzem Überlegen ihren Laden in Eimsbüttel aufgegeben.

 

Viele Veranstaltungen initiiert sie hier, nicht nur, aber auch zu historischen und kritischen Büchern, Tatsachenromanen. Das Programm soll dem Anspruch des Ortes Genüge tun, die Opfer würdigen. Die Hemmschwelle, sich mit dem Thema zu befassen, soll möglichst niedrig sein – guten Kaffee trinken, Bücher durchstöbern, das ist ihr wichtig, besonders, um junge Leute anzusprechen. Im Café setzt sich ihr gesellschaftliches Engagement nahtlos fort: lokale Produkte, ihre Lieferanten müssen gut davon leben können. Und dabei sind die Tartelettes auch einfach so ein Gedicht, ohne große Geschichte. 
Die Inhalte im vorderen Bereich der Ladenfläche kommen von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. In der Buchhandlung ist immer 
jemand, mit dem man sich über das Erfahrene unterhalten kann. „Ein Ort, der einen auffängt, an dem man mit dem Grauen nicht allein ist“, das möchte Stephanie Krawehl bieten.
Es wurde viel herumkritisiert an diesem Konzept: nicht gut genug, nicht groß genug. Sie wurde sogar persönlich angegriffen, als herauskam, dass ihre Großeltern in der Partei waren. Das hatte sie bis dahin auch nicht gewusst und war bestürzt. Doch wie kann man dem besser begegnen als mit dem Wachhalten der Erinnerung an die Verbrechen? Wir können dankbar sein, dass an dieser Adresse kein Ort mehr ist, vor dem man sich fürchten muss.

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