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Stefanie Stoltzenberg

 

 

AUTORIN: CATARINA FELIXMÜLLER  

FOTO: JULIA SCHWENDNER

Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 34

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Sie kennenzulernen, heißt, Vorurteile aufzugeben. Und zwar sofort. Stefanie Stoltzenberg, 20 Jahre lang Strasburger, und seit zweiter Heirat im letzten Jahr Stoltzenberg-Spies, ist so ganz anders, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

 

Volljuristin, vierfache Mutter und professionelle Gastgeberin, vor allem der von ihr 2005 ins Leben gerufenen „Strasburger Kreise“. Dialogversessen, ob in großem oder kleinem Kreis. Privat bei ihr, im schönen Zuhause vis-à-vis der Uni, oder als Dienstleisterin für große und kleinere Unternehmen. Voller Expansionsdrang, im Moment sondiert sie mittelgroße Städte. Sie spürt, dort gibt es noch wirklich Bedarf an Formaten, die nicht von der Stange sind. Wie eben ihre Hausabende. Immer interessante Gäste, stets neugierig auf Themen, die außerhalb ihrer Spur liegen. Diskussionsbereit, mit Lust, auch auf an­dere Inhalte: auf die Chancen der Sportstadt Hamburg nach der gescheiterten Olympia-Bewerbung zum Beispiel. Oder der Mangel an Frauen in diversen Aufsichtsräten. Auch der Vertrauensverlust in poli­tische Systeme, der mit der Entwicklung in Europa einhergeht, treibt sie um. Egal, welche Themen sie aufgreift, immer ist das Ziel „mitzugestalten“. Dass sie obendrein eine exzellente Köchin ist, die unkompliziert und unaufgeregt ihre Gäste bewirtet, kann da nur hilfreich sein. Aber das macht sie nur privat.

 

Also, ab in die Tonne mit dem Klischee der überdrehten
Event-Lady aus Hamburg-West.

 

Genau zu diesem Schritt war die Hamburger CDU einst nicht bereit, als Stefanie, damals noch Strasburger, 2004 als Abgeordnete in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt wurde. Bürgermeister war damals Ole von Beust, der wissen hätte können, wie es so zugeht in einer Fraktion, in der ambitionierte Außenseiter vergeblich um Unterstützung buhlen. Es sei denn, sie beherrschten die Gesetze der Macht, der Diplomatie und des Do-ut-des-Prinzips stets mit einem Ziel: die Beschaffung von Mehrheiten. Aber sie, die mit bunten Schals und hohen, vorher nie im Rathaus gesehenen Schuhen durch die Fraktionsgänge schritt, wollte Inhalte. Wie heute. Jede Begegnung mit ihr stand unter der Überschrift „Es macht Spaß, eine Frau zu sein, ob’s euch passt oder nicht“, wovon manchmal das – für hanseatische Verhält­nisse – schöne und großzügige Dekolleté zeugte. Dass dann ausgerechnet die damalige Kultursenatorin Karin von Welk ihre Qualitäten entdeckt, überrascht manche. Als sich Stefanie, immer noch Strasburger, 2008 ein wenig bitter von der politischen Bühne in Hamburg verabschiedet, bedauert das vor allem die parteilose Karin von Welk: „Die haben einfach nicht kapiert, was sie an ihr hatten.“ „Sie ist die Königin des Großmarkts“, haben die gesagt, damals in der Bürgerschaft. Wie das gemeint war? Sicher nicht nur nett. Die Bezeichnung aber hat sie redlich verdient, als Tochter eines Mannes, der mit Südfrüchten anfing, später dann Trockenfrüchte und Nüsse handelt. Stefanie, damals noch Studentin, steht schon morgens um vier auf dem Markt, hilft, handelt, packt an. Klar, um Geld zu verdienen, aber auch, weil der Großmarkt für sie eine eigene, andere Welt ist. Gern ist sie da, in dieser anderen Welt mit ihren unsichtbaren Gesetzen. Ein Kosmos, der vor allem nachts lebt.

 

Der Großmarkt ist heute ein anderer als damals. Die Hamburger „Apfelsinen-Barone“ spielen nicht mehr die Rolle wie früher. Aber sie ist trotzdem noch regelmäßig dort. Auch wegen der Blumenhändler: Als dem Schönen verpflichtete Gastgeberin braucht sie die – und zwar meist zügig, wenn der üppig gedachte Tischschmuck irgendwie mal wieder viel zu hanseatisch-knauserig ausgefallen ist. Dennoch geht es ihr nie um pure Deko. „Die Zukunft Europas“, „Die Pers­pektiven deutscher Außenpolitik“, aber auch die Wohnungslosigkeit in Hamburg sind nicht gerade kleine Themen, die sie aufgreift. Und nebenbei organisiert sie den Bal Masqué im Museum für Kunst und Gewerbe. Ein wenig schräg, ein bisschen glamourös, für einen guten Zweck: Der Erlös kommt benachteiligten Kindern zugute.

 

„Ich bin ein Elbkind“, sagt Stefanie – und hat sich trotzdem entschieden, umzuziehen.

 

Als Tochter eines Kaufmanns aus Othmarschen hätte sie sich das noch vor ein paar Jahren nicht vorstellen können. Jetzt also Univiertel, Alsternähe. Junge Leute, die sie nach der Mensa oder nach dem Rechtshaus fragen. Wo alles zu Fuß oder per Fahrrad gemacht wird, wo Kino, Theater, Restaurants und urige Kneipen nah sind. Hinter dem Umzug ins Zentrum steckt die zweite Ehe; der neue Mann heißt Spies, das Stoltzenberg kommt wieder.
Er ist kein „Elbkind“, kommt aus dem Rheinland. Ihren Leitsatz „Mich gibt’s nur zu fünft“ hat er respektiert, sie wohl deswegen gewollt. Und wenn ihr dann doch alles zu viel wird, taucht sie ab. Einfach so, allein, um mal wieder Ruhe zu haben.

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