Diesen Artikel finden Sie in unserer Ausgabe 30
Gespräch Neulich auf der Reeperbahn: ein überlebensgroßes Plakat, Steven Gätjen, horizontal in der Luft hängend, Schlips quer nach unten. Werbung für eine von gleich drei neuen Shows, die 2016 mit dem TV-Moderator aus Hamburg über den Bildschirm flimmern.
Stolze 185 cm in der Senkrechten, erwischen wir Steven Gätjen zwischen all den Terminen und kurz vor Ausstrahlung der ersten Show zum lauschigen Gespräch, irgendwo in Nienstedten. Geboren wurde Steven („Ich bin direkt mal beim Du.“) in Arizona/USA. Als er drei Jahre alt ist, zieht die Familie in die Hansestadt, den mittleren Bruder schon im Gepäck. Der Grund für den Umzug ist ein Job im Altonaer Krankenhaus, den der Vater annimmt – und Steven daraufhin seine typisch norddeutsche Schnauze. Gründe für ihn, hierzubleiben?
„Das Wasser, die Menschen und die steife Brise.
Wenn ich an der Elbe stehe und mir der Wind ins Gesicht weht,
lädt mich das komplett mit Energie auf.“
Diese Energie braucht er, ist für seinen Moderatorenjob weltweit auf Achse. Und obgleich er mal hier- und mal dahin düst: „Ich liebe es, nach Hamburg zurückzukommen“, nicht nur wegen der herrlichen Bratkartoffeln mit fetter Finkenwerder Kutterscholle, nein, Hamburg „ist meine Heimat, mein Zuhause, hier sind meine Freunde und Familie. Es ist einfach eine großartige Stadt!“, sagt er. Und Familie und Freunde sind dem zweifachen Vater das Wichtigste. Um das zu unterstreichen, guckt er sogar etwas ernst und erzählt, wie er mit seinen besten Freunden einen Strandsegelkurs gemacht hat und danach auf Einladung seiner Eltern mit der ganzen Familie, inklusive der beiden Brüder, auf eine USA-Reise gegangen ist. Das war wichtig. Und da strahlt er dann auch schon wieder aus den blauen Blitze-Augen. Carpe diem? Bei ihm auf jeden Fall, auch wenn es darum geht, ausländischen Besuchern die Stadt zu zeigen: „Der Hamburger Fischmarkt ist ein Muss. Am besten nach einer durchfeierten Sommernacht auf St. Pauli.“ Er ist der Mann mit den zwei Lebensmottos. Einmal ganz norddeutsch: „Nich lang schnaggen, Kopf in Naggen!“ und einmal nicht ganz so ernst gemeint: „I can sleep, when I’m dead!“ Ein Mann der Tat also und welche Taten ihn vorantreiben, entscheidet immer der Bauch. „Mein Kopf kann machen, was er will. Wenn mein Bauch mit mir spricht, dann mache ich das auch so.“
Muss der richtige Gesprächspartner sein, denn nicht nur MTV klopfte an seine Tür. Lange war Steven Gätjen Stammmoderator bei Pro Sieben, seit 2011 für die durchweg erfolgreichen Formate von Stefan Raab. Dabei war das gar nicht unbedingt sein Plan: „Als kleiner Junge wollte ich jede Woche etwas anderes werden, später Entdecker in Afrika oder Forscher. Dann wollte ich Arzt werden. Gelandet bin ich dann beim Fernsehen. Eine ziemlich miserable Trefferquote.“ Jetzt geht es zum ZDF, das nach dem Aus von „Wetten, dass …?“ verzweifelt auf der Suche nach dem großen Shownachfolger ist. „Das Konzept ist immer noch genial, wobei eine kleine Frischzellenkur wohl angebracht gewesen wäre“, findet Steven, der mit seinen drei Showformaten nun als Nachfolger gehandelt wird. Die Krönung der Moderatorenlaufbahn? „Es ist großartig, aber alle meine Karriereschritte waren bisher fantastisch und passten perfekt. Insofern ist es das Richtige, und ich freue mich tierisch.“ Aufgeregt klingt das nicht. „Sagen wir, ich bin freudig aufgeregt und gehe mit dem nötigen Respekt an die Sache ran, aber auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein, um die Shows zu rocken!“ Dafür ließ er jetzt sogar den roten Teppich bei den Oscars sausen, der Terminkalender war einfach zu voll. „Aber ich werde weiterhin dem Genre Film treu bleiben, das ist für mich das Wichtigste.“ Und es ist außerdem das, was ihn glücklich macht: „Zeit für die Dinge zu haben, die mir richtig Spaß machen. Und ich mache beruflich und privat nur noch Sachen, bei denen das so ist.“ Wenn nicht gerade am roten Teppich, dann stellt Steven seine Fragen eben so historischen Größen wie dem Mast an der Strandperle, „wie das mit den ganzen Sturmfluten war und was sein schönstes Erlebnis gewesen ist. Die Strandperle ist ein Ort, an dem ich
mich sauwohl fühle, weil dort immer etwas los ist.“
Etwas los ist auch in seinen neuen Shows, beginnend mit einer neuen Version der „Versteckten Kamera“, bei der sich Til Schweiger, Carolin Kebekus und sogar Heiner Lauterbach als Jury die Ehre geben. Es folgt die Show „I can do that!“, für die Steven horizontal an der Reeperbahn hängt, und in der es auch sonst sportlich zugeht: Sechs bekannte Gesichter treten in Kategorien wie Artistik, Jonglieren, Zauberei, Feuerspucken oder gar Schattentheater gegeneinander an. Ist er denn selbst aktiv, der Moderator? „Ja, ich muss mich auspowern. Bälle sollten im Spiel sein.“ Traurig, dass Olympia nicht in Hamburg stattfindet? „Ich finde es sehr schade und auch kurzsichtig, dass das nicht passiert. Ich erinnere mich gern an die WM 2006 und finde, das war ein tolles
Ereignis für Stadt und Menschen. Ja, klar: Sport ist extremer Kommerz geworden, es geht nur noch um Kohle und darum, wer die größten, tollsten Stadien baut. Aber wenn alles ökologisch nachhaltig abgelaufen wäre, hätte es gut eingesetzt werden können. Zum Beispiel in Bezug auf Wohnraum, Arbeitsplätze, Bekanntheitsgrad der Stadt, Business etc. Das hätte der Stadt gut getan.“
Auch bei der Frage, ob er Angst vor negativen Kritiken an seinen neuen Shows hat, wird der Strahlemann nachdenklich: „Leider ist es ja bei uns Deutschen so, dass wir erst meckern, bevor wir loben. So wird es auch jetzt sein, ich werde mit Sicherheit was abkriegen. Ist eine Kritik konstruktiv, dann lese ich mir das gern durch, weil ich daraus lernen kann. Ich glaube, keiner wird gern bösartig runtergeputzt, und so geht es mir auch.“ Aber er selbst schimpfe bestimmt auch mal? „Oh ja, wie ein Rohrspatz! Schimpfen ist ja international, und so gehe ich dann auch zu Werke“, sprachs und lacht wieder – ein Glück! Dritte Show im Bunde ist ab Mai übrigens „Das Superhirn“, einst moderiert von Jörg Pilawa.
Ob Bildung denn sexy mache, fragen wir. „Mens sana in corpore sano, würde ich sagen.“ Beirren lässt sich dieser Steven Gätjen also keinesfalls, auch nicht von den Meckerheinis dieser Welt, probiert alles aus und „nichts nicht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, sagt er und lehnt sich entspannt in seinen Stuhl zurück.
Na, wenn das so ist, hätten wir jetzt gern noch ein paar Tipps zum Wagen und Gewinnen in Hamburg: „Bei dem Portugiesen ,Churrascaria O Frango‘ am Hafen gibt es das beste Piri-Piri-Huhn, und meine besten Kumpels sind fast immer da. Sonst: ,Elbfood‘. Freddy ist ein junger, dynamischer Chef. So ist auch seine Weltküche. Seit ich mich bei ihm wie zu Hause fühle, koche ich selbst nicht mehr. Und dann das Falkensteiner Ufer: karibischer, natürlicher Elbstrand, für Spaziergänge mit Containerschiffschauen perfekt!“ Danke, wird gemacht!