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The Queen

Die Schriftstellerin Simone Buchholz lebt auf zwei unterschiedlichen Zeitlinien – einmal in Hamburg, wo sie wohnt und schreibt, und dann noch auf Reisen. An dieser Stelle erzählt sie regelmäßig von Zeitlinie Nummer zwei und ihren Ideen. Pointenreich illustriert von Ralf Nietmann

#64 | 2403

Kuchen essen

Ernährung ist ja nicht nur was zu essen. Ernährung steht auch für Gefühl, Gesellschaft und die Verteilung von Macht, gerade in Hamburg. Die einen essen ab und zu mal ein Fischbrötchen, die anderen ein Leben lang Austern. Bezugnehmend auf meine jung verstorbene, französische Kollegin Marie Antoinette – „Sollen sie doch Kuchen essen!“ – verfüge ich deshalb mit sofortiger Wirkung ein bedingungsloses Kucheneinkommen für alle Hamburger und Hamburgerinnen ab dem Alter von einem Jahr an. Die allgemeine Kuchen-Flatrate beginnt also mit dem ersten Geburtstagskuchen und endet mit dem Tod, eine Erbfolge­regelung ist nicht nötig, denn es ist genug für alle da. Es wird die ganze Stadt zum Guten verändern. Der Blutzuckerspiegel der Hanseatinnen und Hanseaten wird – ab jetzt – schlagartig ansteigen, sie werden emotionaler, wilder, rauschender, hinfort mit Langeweile und alten Gewissheiten, wir sind auf Zucker! Die faulen Leute, solche wie ich also, bekommen den Kuchen geliefert. Pardon. Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, es hat gerade geklingelt. (Die Königin von Hamburg verschwindet für einen Augenblick an die Tür ihrer nicht besonders großen, höchst unrenovierten Altbauwohnung, es ist ein kleiner Schwatz zu belauschen, die Themen sind Mandeln, Sahne, Himbeeren und Schokolade, dann ein Jauchzen, ein glückliches Seufzen, sie leckt sich die Lippen.) Bonjour, hier bin ich wieder – wo waren wir stehen geblieben? Ach ja: die weniger faulen Leute. Also andere als ich. Die arbeiten in all den gut bezahlten Jobs als Bäckerinnen und Patissiers. Dafür müssen wir natürlich Fachkräfte anwerben. Die Zuckerbäckerdichte in Hamburg ist ja noch ausbaufähig. Es kommen also talentierte Leute in die Stadt, aus Österreich, aus Paris, aus Palermo. Aus Griechenland, aus Marokko, aus dem Iran, einfach von überallher. Und mit dem Zuwachs für die Kuchenküchen schießen die ­Bäckereien aus dem Boden. Was das Stadtbild verändert: Die kühle Eleganz wird von schwülem Rokoko abgelöst, es dampft und duftet in den Straßen, der Geruch von frischem Backwerk steigt uns allen rund um die Uhr in die Nase, die Diätindustrie stirbt einen schnellen, stillen Tod. Statt uns mit Regeln zu quälen, treiben wir sehr viel Sport, denn wir haben jetzt immer ein bisschen zu viel überschüssige Energie. Die Menschen sind glücklicher, beweglicher, süßer. Der alte Satz – „Wir sind aus Hamburg, nicht aus Zucker“ – wird umgedichtet: „Wir sind aus Hamburg UND aus Zucker.“ Die Dichotomie aus hart und weich löst sich auf, denn wir dürfen neuerdings beides sein, der Kuchen für alle macht uns vielschichtiger und damit noch menschlicher. Die Bushaltestellen ändern sich, es werden mehr, weil die Busse natürlich nicht mehr nur an den bisher wichtigen Orten halten, sondern auch an den neuen wichtigen Orten – an jeder einzelnen Bäckerei. Außerdem entwickelt sich eine Sprache des Kuchens. Sie hilft den Norddeutschen, die ja in emotionaler Linguistik traditionell etwas schwach auf der Brust sind, ihre Gefühle präziser auszudrücken. „Ich hab’ mich in dich verliebt“: viele bunte Petits Fours. „Ich fühle mit dir“: Sahnetorte jeder Art. „Ich möchte dein Fels in der Brandung sein“: ein mehrstöckiges Franzbrötchen. „Ich bin traurig“: Sachertorte. „Boah, das macht mich so wütend!“: Weihnachtsplätzchen. „Sie können mich am Arsch lecken, ich kündige“: Cannoli. „Ich lass’ mich scheiden“: Rumkugeln. „Ich hasse dich“: Napfkuchen ohne Ei und Backpulver. „Es ist so schön, dass es wehtut“: Baklava. „Ich bin total aufgeregt“: Meringue mit Vanillequark und gezuckerter Ananas. „Ich habe Fernweh“: New York Cheesecake. „Ich kann nicht mehr“: Schwarzwälder Kirschtorte. Zusätzlich zum Hafengeburtstag wird alljährlich der Kuchengeburtstag gefeiert, am letzten Wochenende im September. Die gezuckerte Großveranstaltung strahlt weit über die Elbe hinaus, Hamburg wird ja bald die berühmte und von ­Diätpäpsten gefürchtete Kuchenhauptstadt der Welt, der Kuchengeburtstag ist also nicht nur ein nationaler, sondern auch ein internationaler, ach, was soll’s – weltweiter Feiertag. Der Hafen wird vom Tor zur Welt zum Tor zum Kuchen, und alle wollen dabei sein, als offizielle Staatsgäste zugelassen sind aber nur die Staatsoberhäupter von Demokratien, die ebenfalls darüber nachdenken, in ihren Ländern ein bedingungsloses Kucheneinkommen zu etablieren. In der Bürgerschaft wiederum wird zur aktuellen Stunde, also während der großen, wichtigen Debatten, ab jetzt nicht mehr nur höflich dazwischengerufen – es wird gleich mit Torten geworfen. Dass die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister in Zukunft Sahnebaisermeisterin und Sahnebaisermeister heißen, muss ich nicht extra erwähnen, oder? Oh, es klingelt schon wieder. Das wird wohl meine Marzipanrolle sein, der ich, nebenbei bemerkt, immer ähnlicher werde.

#61 | 2304

Stillsitzprobleme

Vielleicht reise ich so gern, weil ich eins dieser Kinder war, die nie, wirklich nie still sitzen konnten, und wenn man es genau nimmt, bin ich das noch immer. Ich bin ständig unterwegs, weil mir Bewegung guttut und meine Seele beruhigt, aber ich bin vor allem in Europa unterwegs, und das am liebsten mit dem Zug, wegen des Stillsitzproblems. Ich hasse und vermeide deshalb Langstreckenflüge, und auch wegen des Klimaproblems. Ich würde nie auf die Idee kommen, zum Beispiel nach Asien in die Ferien zu fliegen. Meine Beine fangen schon beim Gedanken daran, mehr als sechs Stunden still zu sitzen, an zu zappeln. Jetzt war aber die Lage so, dass hier eine Einladung aus Toronto auf den Tisch geflattert kam. Internationales Festival, große Bühne, interessante Gespräche, gut fürs Geschäft. Ich erzählte es meinen Freundinnen, sagte aber auch im selben Atemzug, dass ich da natürlich nicht hinfliegen würde. Für drei Tage zweimal über den Atlantik, Pardon, wer macht denn so was? Meine Freundinnen schauten mich an, als wäre ich nicht ganz dicht: „Spinnst du? Du wirst nie wieder nach Toronto eingeladen, also flieg da hin, verdammt noch mal.“ „Nicht für drei Tage“, sagte ich, „auf keinen Fall.“ „Dann besuch doch einfach jemanden, irgendwo in New York oder so, Himmel, du kennst doch angeblich so viele Leute.“ Ich dachte nach. Tatsächlich hab’ ich einen Freund in New York, der immer fragt, ob ich nicht mal vorbeikommen will, woraufhin ich immer antworte, klar, Digger, in New York vorbeikommen. Deine Mudder, einen Teufel werd’ ich tun. Ich rief ihn an und sagte, ich würde jetzt vielleicht doch. Er war begeistert. Also schrieb ich den Festivalbetreibern, dass ich gern nach Toronto fliegen würde, aber nur über New York, und ob das auch okay wäre. Den Festivalmenschen war es egal, sie sagten, ich soll fliegen, wohin und von wo ich will, sie zahlen alles. Und so saß ich ein paar Monate später in einem großen Flugzeug nach New York. Vier Stunden hat es nur gebraucht, bis ich anfing in meinem Sitz spazieren zu gehen. Aber irgendwann war ich da, und bald darauf auf dem Balkon meines Freundes im 17. Stock über Hell’s Kitchen. Der Freund servierte eiskalten Weißwein, Zigaretten und Gitarrenmusik. Der Freund ist überhaupt ein sehr guter Freund, er behandelte mich als das, was ich am liebsten bin: eine Mischung aus kleiner Schwester und streunender Katze. Ich bekam einen Schlüssel (Katzenklappe), einen Jutebeutel für den Amish-Supermarkt ums Eck (zerschlissenes Lederhalsbändchen), ein paar pro-forma-Aufträge – „geh mal da hin und grüß die oder den und bring dies und das mit, wenn du willst“ – (Verantwortung). Er musste ja tagsüber arbeiten. Ich hielt mich ein bisschen an den Aufträgen fest, verlässlich erledigte ich nur die Einkäufe und lief ansonsten einfach nur hin und her durch die Straßen und Avenues meiner Zwanziger. Ich besuchte den Union und den Tompkins Square, St. Mark’s Place, das Flat­iron Building, das Chrysler Building (schönstes Hochhaus der Welt, keine Widerrede), und am Washington Square bog ich ins Greenwich Village ab und suchte die Wohnung, in der ich mal zwei Monate gewohnt hab’, oder eher das Erdgeschossloch, in dem ich mal zwei Monate gehaust hab’, wir schliefen zu dritt in einem Zimmer. Am späten Nachmittag war ich dann immer zurück in Hell’s Kitchen und schlüpfte durch meine Katzenklappe direkt auf den Balkon, die Einkäufe warf ich vorher kurz beim Weißwein ab, irgendwo links in dem großen amerikanischen Kühlschrank. Dann wartete ich, bis der Freund zu Ende gearbeitet hatte, und schaute der Sonne beim Untergang über Manhattan zu. Abends kochten wir zusammen zur in der Wohnung allgegenwärtigen Musik, oder wir luden uns bei seinen Freunden zum Essen ein, oder die Freunde kamen bei uns vorbei und brachten Essen mit, es war überraschend gleichförmig für eine so aufregende Stadt, aber letztlich wohnen die Leute eben auch da wie alle anderen auch, nur dass niemand mehr in Restaurants geht, weil es inzwischen ein Vermögen kostet, in New York auswärts zu essen. Ach ja, und dann war da noch Toronto. Da gab es ein irres Licht über dem Lake Ontario, glitzernd und voller Wind, und im Lake Ontario bin ich sogar geschwommen, auch wenn das Wasser scheißkalt war und der Alkohol danach viel zu teuer, und oh, meine Lieblingskolleginnen waren da, sie sprachen wie immer das eleganteste Französisch. Und ich durfte mit einem bezaubernden älteren Herrn auf der Bühne sitzen, ein großer Schriftsteller der First Nations, wir hatten viele wichtige Dinge übers Schreiben zu besprechen. In der letzten Nacht hat es im Hotel kurz gebrannt, es gab einen großen und wilden Feueralarm, sehr große Feuerwehrautos und eine wilde Feuerwehrtruppe. Auf dem Rückweg nach Hamburg machte ich dann noch mal zwei Tage Zwischenstopp in New York, wo ich genau genommen nur noch in Hell’s Kitchen auf dem Balkon des Freundes saß, weil Kanada viel zu aufregend gewesen war für eine, die sowieso schon so zappelig ist.

#58 | 2301

Bonjour Weltschmerz

Diesmal beginnt es in Paris, an einem späten Donnerstagnachmittag werde ich dort abgeworfen. Paris ist nur eine Zwischenstation, aber eine sehr gute natürlich. Und so laufe ich unterm zartrosa Himmel durch die Straßen von Montmartre, übers rumpelige Kopfsteinpflaster und vorbei an bunten, mit Blumenkram geschmückten Häusern. Da war doch mal was, denke ich, vor fast zehn Jahren, als ich mit Nachtzügen durch Europa gefahren bin, von München nach Mailand nach Paris nach Madrid nach Lissabon. Ich erinnere mich an diese winzige Bar irgendwo hier in dieser Ecke, auch das war nur eine Zwischenstation, bevor es am nächsten Abend weitergehen sollte zu den Iberern. Aber wie hieß der Laden noch? Ich krame in meinen Erinnerungen … Chez irgendwas. Ich laufe weiter, ein bisschen Hunger hätte ich auch schon, ich kaufe mir ein Baguette mit Käse, es wird kühl, es wird dunkel, es fängt an zu nieseln, und da taucht sie auf, gleich links die Straße runter: die Bar, „Chez Camille“. Winzig, mit einem kleinen Brettergarten davor. Ich gehe rein, ein Glas Wein bitte, danke, ich hätte Lust, die ganze Nacht bei Camille zu verbringen, aber halt: Wozu eine besondere Nacht aus meiner Vergangenheit nachstellen, denke ich, während ich den Chablis trinke, das funktioniert doch eh nicht, also lasse ich die alte Nacht, wo sie war, und gehe schlafen. Am nächsten Tag steige ich in den TGV nach Nantes und versuche, bei mir zu bleiben, was unterwegs ja gar nicht so leicht ist, ich versuche, die Loire nicht zu verpassen, die Strecke der Loire entlang ist immer so besonders schön. Aber ich lese Juri Andruchowytsch, das ist echt geiler Stoff aus der Ukraine, und bei Le Mans denke ich zwar einen Moment: Oh, jetzt aufpassen, nur noch links abbiegen und ein Stück nach Süden, dann geht es Richtung Westen entlang des berühmten Flusses, aber da lese ich schon wieder Juri Andruchowytsch, und draußen regnet es. In Nantes scheint die Sonne, entgegen aller Drohungen der französischen Wettervorhersage. Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse – ich stehe ganz im Westen Europas, in der Sonne und im warmen Atlantikwind, während im europäischen Osten eine blutige Kaltfront steht, und am nächsten Tag, als ich in der Bretagne ankomme, ist es dort noch milder, und die Nachrichten aus dem Osten werden noch härter. Mit diesem Weltschmerz gefüttert stürze ich mich in das Festival, dessen Teil ich hier bin, „Noir sur la Ville“ heißt es, im kleinen Ort Lamballe-Armor, am Golf von Saint-Malo. Kolleginnen und Kollegen aus ganz Frankreich liegen sich zur Begrüßung in den Armen, und ich spüre, dass ich nicht die Einzige mit Weltschmerz bin. Weltschmerz gehört ja genau genommen zur Standardausstattung französischer Gesichter, Seelen und Umarmungen, das ist auch noch und besonders abends so, und gerade an diesem Abend, als Claudine, meine französische Übersetzerin, mit Benjamin, einem bretonischen Anarchisten, zu streiten anfängt, quer über den Tisch und meinen Kopf hinweg, und die anderen sich kurz Sorgen machen, dass mich das nerven könnte. Aber nein, ich liebe es, denn wie zeigt sich Weltschmerz besser als in einem leidenschaftlichen Streit? Um Mitternacht stehe ich dann mit dem bretonischen Anarchisten draußen vor der Tür, jetzt ist es auch hier kalt geworden, und damit die Tür nicht zufällt, hab’ ich eine meiner goldenen Stiefeletten ausge- zogen und zwischen Tür und Rahmen geklemmt, und der Anarchist sagt: „Wer bitte ist hier die Anarchistin?“ Morgens sind wir alle am Meer, es gibt Austern und Wellen und Licht und Weißwein zum Frühstück, ich denke wieder an die kalte Front im Osten, und am nächsten Tag in Nantes esse ich mit einem Mann zu Mittag, der in Moskau geboren wurde, aber in Paris aufgewachsen ist, und der seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine nicht mehr schlafen kann, obwohl er nichts weiter damit zu tun hat, als dass er die Romane russischer Dissidenten ins Französische übersetzt. Am späten Abend stehe ich wieder vor meinem Zuhause in Hamburg, es ist wieder arschkalt, die Wetter- und Weltlage schickt Eisregen, so ist das eben mit den unterschiedlichen Zeitlinien und Realitäten, denke ich, und schließe auf.

#63 | 2402

Autofreie Hansestadt

Es gab schreckliche Bilder aus New York während der Pandemie, aber es gab auch ein paar wunderschöne: der Jubel der New Yorkerinnen über die Abwahl von Donald Trump. Die frühen, schnellen und unbürokratischen Impfungen, wie sie einfach versucht haben, so vielen Menschen so schnell wie möglich eine Ladung Schutz in die Oberarme zu rammen, man musste angeblich richtiggehend aufpassen, nicht im Vorüberlaufen geimpft zu werden, ich war fast schmerzhaft neidisch damals. Neidisch war ich auch auf die kurzerhand für Autos gesperrten und damit für Menschen geöffneten Straßen, plötzlich lebendig gewordener öffentlicher Raum mit bunten Tischen und Stühlen und freien Flächen und Blumen und Palmen in Kübeln. Der Jubel über den aus dem Weißen Haus gejagten Trump jagt mir heute einen Schrecken ein, wenn ich daran denke, weil ich mich dann immer frage, wie die Demokraten so blöd sein konnten, nicht alles, wirklich alles zu tun, um allein den Gedanken an weitere vier Jahre Trump im Keim zu ersticken, warum schicken sie einen alten Mann ins Rennen statt zum Beispiel Oprah Winfrey? Mein Neid auf die schnelle, unbürokratische New Yorker Impfkampagne ist einer Art resignativen Wut über die deutsche Langsamkeit in einfach allem gewichen, einem stummen Gefühl von „wie die arbeiten, möchte ich mal Urlaub machen“, im Zusammenhang mit Behörden und Staatskonzernen. Auf die Straßen für Menschen statt für Autos bin ich immer noch unverhohlen neidisch, und deshalb ordne ich hiermit an, dass Hamburg innerhalb des Rings 2 ab sofort autofrei wird. Es soll wie von Geisterhand geschehen, erst fliegen SUVs, Lastwagen, Privatautos und Motorräder weg, dann die Ampeln und die Tankstellen, der Asphalt verschwindet, Bäume und Blumen wachsen am Rand der neuen Wege für Menschen, es wachsen auch Bänke aus dem Boden, und in den Teichen wachsen Seerosen und schwimmen Enten. Lebewesen nehmen den Platz ein, der durch die plötzlich verschwundenen Maschinen frei geworden ist. Ein durchschnittlicher Parkplatz ist fünf Meter lang und gut zwei Meter breit, das sind zehn Quadratmeter, meine Güte, was wir damit alles machen können – wir stellen die leeren Anhänger hin, die keiner mehr braucht, wir statten die Anhänger mit einer Batterie aus und einer Propangasflasche zum Heizen, fertig ist eine Notunterkunft für Obdachlose oder sogar ein Zuhause, zumindest übergangsweise. In Hamburg erfrieren ja jeden Winter Menschen. Wir nutzen öffentlichen Raum ab jetzt so, als wären wir soziale Wesen, wir nutzen ihn nicht mehr als Abstellfläche für Privatautos. Wir schaffen Wohnraum, wir bauen Häuser auf die freien Tankstellenquadratmeter, wir bauen Parkhäuser um, wir machen sie auf, und wir können aus diesen Häusern rausgehen, ohne dass wir überfahren werden, wir können Fahrrad fahren, ohne Angst vor Lastwagen und Bussen haben zu müssen, weil die Busse auch aus der Stadt geflogen sind, wir haben ja wieder eine Straßenbahn. Die Straßenbahn soll möglichst oft bimmeln, einfach nur so, das wünsche ich mir ganz persönlich. Als Kind war es ein großes Vergnügen für mich, mit der Bimmelbahn zu fahren, ich erinnere mich daran, dass ich in einer Tour Bimmelbahn fahren wollte, was immer das auch gewesen sein mag, eine Bimmelbahn. Hamburg hat jetzt auf jeden Fall eine. Und Hamburg hat Platz für Kinder, die einfach durch die Stadt rennen können. Gute Mütter haben vor nichts Angst, außer vor Autos. Die Kinder rennen also durch die Gegend, die Mütter sitzen auf Bänken unter Bäumen und gehen ihrer Arbeit nach, die Väter kümmern sich um den Haushalt. Die langen Straßen sind die besten, wie etwa die vom Millerntor bis zu den Deichtorhallen, je länger eine ehemalige Straße ist, desto mehr verbindet sie die unterschiedlichen Orte miteinander, die Straßen sind nämlich genau genommen schmale Parks mit Fortbewegungsspuren für Fahrräder oder Roller an den Seiten, in der Mitte können sich Menschen begegnen, auf Parcours, Rollschuhbahnen und Blumenwiesen, in endlos langen Kräuter- und Gemüsegärten, in Sonnenblumenfeldern und Freiwasserbecken, beim Sport unter freiem Himmel und in Baumschulen. Die Baumschulen sind absolut unverzichtbar, wenn wir weiter in der Stadt überleben wollen, weil mit dem Klimawandel hört der Spaß halt sonst endgültig auf. Wir brauchen Bäume, um die Städte zu kühlen, wir brauchen Böden mit tief wurzelndem Grünzeug, damit das Regenwasser erstens besser versickern und zweitens besser gespeichert werden kann, weil es wird ja nicht nur heißer und trockener werden, sondern auch immer mal wieder wochenlang sehr viel nasser. Das autofreie Hamburg ist auch da sehr praktisch, weil die Tiefgaragen verschwinden und wieder tiefer Boden da ist. Freuen wir uns also auf die zukünftigen Sommer unter Buchen, Eichen und Kastanien, der Anfang ist gemacht mit diesem unerklärlichen Zauber der ab sofort autofreien Stadt mit Platz für Menschen und Leben und Bars und Eiscafés und Musik und Tanz überall und zahlreichen Ecken zum Knutschen, und alles ist ganz leicht zu erreichen mit der, hurra – Bimmelbahn.

#60 | 2303

Hühnerherz

Ich habe selbst schon nicht mehr geglaubt, dass ich es eines Tages doch noch nach Wien schaffen würde. Als junge Frau träumte ich ständig davon, bin dann stattdessen aber immer nach Paris gefahren, aus Versehen und vielleicht auch aus Sturheit. Als mein Paris-Stupor dann vorbei war, kam leider permanent irgendwas dazwischen, so zum Beispiel im Herbst 2019, als ich nach einem Festival in Tirol drei Tage in Wien verbringen sollte, in Innsbruck dann aber am letzten Morgen mit einer Art brennender Stahlverriegelung auf den Bronchien aufwachte. Ich nahm trotzdem tapfer bis trotzig den Zug nach Wien, lag da dann für glühende 72 Stunden einfach nur mit hohem Fieber in einem Bahnhofshotel, um mich danach mit weichen Knien und gehörig Ibuprofen im Gehirn zum Flughafen zu schleppen und weiterzufliegen nach Helsinki. Aber in diesem Frühling war es endlich so weit. An einem fast nicht mehr kühlen Aprilnachmittag kam ich in Wien an und blieb drei Tage, ohne Fieber und ohne irgendeine Paris- oder Helsinki-Grätsche. Und die Stadt war kein bisschen so, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte – Wien war gar nicht morbide, schwül und altmodisch, niemand trug Pelze oder Reif­röcke. Die Damen, mit denen ich mich traf, waren überaus lebendig, en vogue waren Leo­pardenmuster, pinkfarbener Lippenstift, verwegene Kurzhaarfrisuren und ordentlich Bling. Schon am ersten Abend wurden frittierte Hühnerherzen aufgetischt (okay, bisschen morbide), dazu Bier (groß, vom Fass), Gemischter Satz (herrlich moderner Weißwein-Verschnitt), Apfelstrudel zum Dessert (heiß), dazu Marillenbrand (warm). „Ganz ausgezeichnet“, sagte ich, „wie ihr diesen Kongress hier eröffnet.“ „Dann warte mal ab bis morgen“, sagten sie, „und übermorgen.“ Sie zogen alle gleichzeitig an den Zigaretten, der Schmuck an ihren perfekt manikürten Fingern glitzerte in der dunkelroten Glut. Jetzt würde ich natürlich gern ausführlich berichten, was morgen und übermorgen geschah, aber es war ein, nun ja, wie drücke ich das am besten aus – Kongress unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Eine eher geheime Zusammenkunft internationaler Feministinnen oder einfach: schöner Hexen. Es gab Filme und Kunst zu sehen und zu besprechen. Manche Dinge wurden so lange besprochen, bis sie sich verwandelten, bis sie aus ihrer Starre erwachten und beweglicher wurden. Weiblicher. Nachgeholfen wurde weiterhin mit frittierten Teilen vom Huhn, Gemischtem Satz und Marillenbrand. Nach drei Tagen fühlte ich mich selbst wie ein gemischt gesetztes Marillenhuhn, aber ein revolutionäres. Das war die Stimmung, in der ich weiter ins anarchistische Tirol fuhr, nach Innsbruck. Innsbruck kenne ich relativ gut, und der Morgen mit dem brennenden Stahl auf den Bronchien ist auch schon ein paar Jahre her, also, ich liebe Innsbruck. Und ich liebe vor allem die Leute, die in Innsbruck für Literatur zuständig sind. Jedes Jahr im April feiern sie da ein Festival, im Zentrum des Festivals steht offiziell die Prosa, aber auch hier steckt ein Geheimnis dahinter, denn das Herz der Innsbrucker Prosa schlägt für Poesie und Tanzen bis morgens um fünf. Einmal haben wir bis morgens um fünf in einer Buchhandlung getanzt, ich erinnere mich noch gut daran, wie ich immer versucht habe, die Bücher vor den taumelnden Bierflaschen zu retten, was mir nicht durchgehend gelungen ist. Diesmal hab ich wenig getanzt, ich war noch so voller Wien, aber ich saß in einem Leopardenkleid auf einer Bühne, während der Moderator ein strahlend blaues Shirt unter einem knallgelben Hemd trug, und allein für diese weltpolitische Ansage hat es sich gelohnt. Und die Innsbrucker hab’ ich ja zwei Wochen später schon wieder in Leipzig getroffen, die Stadt war bumsvoll mit Literaturleuten, alle fielen sich um den Hals und lagen sich in den Armen, ein Freund aus Berlin ernannte mich zur Ministerin of Love Bombing und die Kollegin, mit der ich mir eine Flasche Wein teilte, zur amtierenden Kaiserin des Antifaschismus, aber damit war es noch lange nicht genug, denn ich hatte eben diese Tiroler im Schlepptau. Sie waren gerade nachts nicht zu stoppen, obwohl ich immer wieder rief, dass es jetzt wirklich genug sei und wir SOFORT ein Taxi ins Hotel nehmen, verdammt noch mal, aber sie ignorierten mich. Und so gaben wir uns zu dritt einer Karaokemaschine hin, tranken schottischen Whisky und warfen uns brennende Zigaretten in den Mund. Am Ende ist es eben immer anders, als man es sich ursprünglich vorgestellt hat.

#62 | 2401

Jugendhäuser

Wie ich so auf meinem Königinnenthron sitze, der meine kleine Couch ist, und aus dem Fenster auf St. Pauli schaue, sehe ich Jugendliche in den Straßen. An Kreuzungen, in Hauseingängen, im Regen. Es sieht langweilig aus. Sie reden, hängen halt so rum, machen ein bisschen Schattenboxen, manchmal wird einer geschubst, meistens versuchen sie, sich mit blöden Jungswitzen bei Laune zu halten. Hin und wieder verschwinden sie in einem der Hauseingänge und denken darüber nach, einen Joint zu bauen. Und sofort kommt: die Polizei. „Ihr denkt darüber nach, einen JOINT zu bauen!!“ „Vielleicht, kein Plan.“ „Dann SOFORT an die Wand und Hosen runter und Eltern aus dem Schlaf reißen und nächste Woche geht’s zur Drogenberatung, ihr seid nämlich ALLE polizeibekannt!“ Klar sind sie polizeibekannt, sie werden nämlich aufgegriffen, sobald sie nur den Kopf aus dem Schulbus stecken, denn sie sind die Djangos. Sie haben Eltern oder Großeltern, die mindestens 2000 Kilometer südlich oder südöstlich von Norddeutschland geboren wurden, und sie können nichts dafür, dass sie mit 13 schon kleine Schnurrbärte haben, aber auf die Schnurris sind sie mit Recht stolz, denn sie haben sonst nicht viel. Okay, sie haben gefälschte Gucci-Caps. Aber ihnen fehlt das, was die Akademikersöhne vom Gymnasium gegenüber haben, die sich jeden Abend auf dem Pausenhof der Stadtteilgrundschule ums Eck ganz in Ruhe die Birne wegkiffen, ihnen fehlt, was die Rich Kids aus Eppendorf genießen, die sich unbehelligt durch die Oberstufe koksen und Crémant in schicken Restaurants trinken, ihnen fehlt, was in Blankenese ganz normal ist: das Privileg, all das einfach tun zu können, ohne dass direkt draufgehauen wird. „Na ja, der Moritz ist ja immerhin gut in der Schule, da darf er sich auch mal ein bisschen entspannen.“ Auf dem Grundschulhof. Das wirft die Frage auf, wo sich die Djangos eigentlich in dieser Stadt entspannen sollen – für die paar staatlichen Jugendhäuser sind sie mit 14, 15 oder 16 Jahren zu alt, da ist es ja noch langweiliger als auf der Straße im Regen. In Kneipen dürfen sie noch nicht rein, hätten aber sowieso nicht das Geld dafür. Und die richtig guten Fitnessstudios, also das, was ihnen guttun und Spaß machen würde, sind teuer. Für meine Begriffe hört sich das nicht fair an. Und ich verstehe, dass die Djangos wütend sind, was kontraproduktiv ist, weil dann gibt es Schlägereien und noch mehr Polizei. Also werde ich Gerechtigkeit walten lassen und verschaffe den Djangos ihr eigenes Privileg: Mit sofortiger Wirkung beschlagnahme ich die ungefähr 600.000 Quadratmeter leer stehenden Hamburger Büroflächen, die sowieso niemand braucht, außer vielleicht zu Abschreibungszwecken, und verfüge, dass sie in Zukunft „Space of the Kings of Bling“ genannt werden müssen. Um in diese speziellen, königlichen Jugendhäuser reinzukommen, muss man einen kleinen Schnurri haben und eine dicke Kette um den Hals, aus falschem Gold oder Silber. Sonst muss man nichts besitzen, nur vielleicht den Mut, was zu machen. Denn, und hier kommt der beste Teil meiner Idee: Die Djangos verwalten ihre Häuser selbst. Sie bekommen dafür ein mittelmäßiges Budget aus meiner Schatulle, es wird trotzdem lange reichen, denn sie haben gelernt, mit Geld umzugehen, sie kaufen ihre Süßigkeiten und Alcopops nicht im Kiosk, sondern im Discounter, sie sind ja nicht blöd, und verarscht werden sie eh schon rund um die Uhr, also werden sie einen Teufel tun, sich auch noch gegenseitig zu verarschen. Sie werden schön aufeinander und auf ihre Häuser aufpassen. Es wird super werden – weil es in den meisten Büros Jungs- und Mädchentoiletten gibt, können die Chayas, oder von mir aus „die Queens“, zu Besuch kommen. Dann ist die Bude nicht nur voller Schnurris und Kettchen, man kann auch gleich mit der dort vorhandenen digitalen Infrastruktur Tutorials zu den Themen „Haare bis zum Arsch“, „geile Fingernägel“ und „Profi Eye Lining“ fürs internationale Netz produzieren. Alle tragen die dicksten Turnschuhe der Welt, das ist ein eigener Posten im Budget. Und es läuft die beste Musik, schlechten deutschen Rap hört da keiner, sie hören französisch-arabischen Hip-Hop aus den Pariser Banlieues oder Marseille und Orient-Dancefloor, es gibt Italo-Pop, griechische Chansons übers Mittelmeer und alte 2Pac-Kracher. Sie können alle tanzen, weil Breakdance der Style ist, den man im Ghetto draufhaben muss. Sie haben endlich Orte, an denen sie sich treffen können, sie werden diese Orte beschützen, als wären sie rohe Eier, weil die neuen Orte so viel besser sind als alle Ecken, die ihnen sonst bleiben. Ach ja, die Polizei darf nicht rein. Die Polizei hat nämlich zu tun, weil sie sich jetzt mal die Gymnasiasten vornehmen muss und die Stadtteilschüler gefälligst in Ruhe lässt. Um 23 Uhr schließen die Djangos ihre Spaces, denn wenn sie vor irgendwas noch mehr Angst haben als vor der Polizei, dann sind es ihre Mütter.

#59 | 2302

Alternatives Leben

Mein Verhältnis zu Hamburg ist komplett unambivalent, ich liebe diese Hafenstadt aufrichtig und habe nur sehr selten etwas an ihr auszusetzen. Aber manchmal ist mir das alles, also das, was außerhalb von St. Pauli liegt, doch zu schön, zu reich, zu selbstherrlich. Dann sage ich zu mir selbst und zu anderen, dass ich eigentlich gern im Ruhrgebiet wohnen würde, am liebsten in Dortmund (weil ich den Pott wirklich sehr mag), womit ich böse Blicke an Alster und Elbe ernte. Der Spaß ist es wert. Und wenn ich dann ernsthaft darüber nachdenke, wenn ich mich frage, ob Hamburg immer noch die Stadt meiner Wahl wäre, wenn ich nochmal 25 Jahre jünger und Berufsanfängerin wäre, also Schreibanfängerin, also Anfängerin in einer Arbeit, mit der man naturgemäß nicht zu den Topverdienerinnen gehört, dann muss ich mir eingestehen: nein, Hamburg wäre nicht mein Ding. Ganz einfach, weil ich mir hier auf keinen Fall eine Wohnung leisten könnte (ich könnte es mir auch jetzt nicht leisten, hier zu wohnen, wäre unser Mitvertrag nicht 20 Jahre alt). Wäre ich nochmal jung, müsste ich nochmal anfangen mit allem, im Jahr 2023, ich würde nicht nach Hamburg an der Elbe gehen, sondern nach Halle an der Saale. Warum? Bleiben Sie dran. Zuerst Dortmund. Das Schicksal hat es nämlich gut mit mir gemeint und mich an nur einem Wochenende in die zwei Städte geschickt, die ich beide so mag. In Dortmund war ich in einer Buchhandlung. Es war eine dieser schönen, großen, lichten Buchhandlungen, sie lag gleich beim Phoenix See, mit klugen, liebevollen Buchhändler*innen und diesen typischen Ruhrpottmenschen im Publikum – den vielleicht freundlichsten Menschen Deutschlands, mit den freundlichsten Gesichtern, leicht zum Lachen zu bringen, und auch zum Weinen. Kurz: eine Bevölkerung, bereit zum Gefühl. Und ich hatte auch noch Besuch von einem Freund aus dem Rheinland, das muss man sich mal vorstellen. Am nächsten Morgen, auf dem Weg zum Bahnhof, begegnete mir ein Treppenladen. Also ein Laden, in dem man Treppen kaufen kann. Sowas hatte ich noch nie zuvor gesehen und ich war kurz davor, mir eine Wendeltreppe mitzunehmen. In der Ferne sah ich das Dortmunder U auf dem Dach der ehemaligen Unions-Brauerei, das die ganze Stadt überstrahlt. Wenn Sie mal im Sommer in Dortmund sind: Am Fuße des Hauses gibt es eine Kneipe, die früher eine Tankstelle war. Mit einem liebevolleren Blick auf sich selbst und die Welt kann man nicht Bier trinken. Die Zugfahrt gen Osten dann verbrachte ich mit einem Buch über Raymond Chandler und die Liebe seines Lebens, und vielleicht muss man jetzt wissen, dass Raymond Chandlers Romane die literarische Liebe meines Lebens sind, um zu begreifen, in welcher Stimmung ich war: ich war auf. Ich fuhr von Dortmund nach Halle, ich las anrührende Dinge über meinen Lieblingsschriftsteller, vor dem Zugfenster sah ich Deutschland, diesen Mittelteil, der immer aussieht, als wären wir keine Nazis gewesen, als hätten wir nicht zwei Weltkriege angezettelt, als wäre das Land nicht geteilt gewesen, und als ich in Halle ausstieg war ich emotional weich gekocht: hallo, Osten. Halle ist nicht nur die Stadt, in der meine Freundin Katrin, die Fuchsfrau, lebt, Halle ist ein beweglicher Organismus, irgendwie eine junge Stadt, zumindest was die Kulturszene angeht. Das Literaturhaus ist noch relativ jung, gerade erst etabliert, der Literaturhauschef ist ein Theatermann. Die Abende in dem knarzigen, alten Jugenstilhaus sind immer aufregend, alles ist im entstehen, das literarische Herz von Halle schlägt stark und schnell. Mir wurde sofort ein Glas Wein in die Hand gedrückt. Ich probte mit der Literaturhaus-Band. Ich hatte Hunger. Ich trank mehr Wein. Ich las aus meinem Roman vor, ich hatte den Literaturhauschef neben mir. Ich verkackte den einen Song, den ich singen sollte, Gott sei Dank hatte ich auch da den Literaturhauschef neben mir. Und Gott sei Dank hat der Literaturhauschef ein Raucherbüro, in dem wir nach dem öffentlichen Teil noch den ganzen restlichen Wein tranken und uns gegenseitig Musikvideos vorspielten, bis spät in die Nacht und im Nebel. Am nächsten Tag ging ich mit Katrin schwimmen, in einem Ostbad, das innen ganz aus grünen Fliesen und weißem Holz gemacht ist. Im Zug zurück nach Hause, zurück in den Norden, wurde ich krank. Ich hatte einfach zu viel alternatives Leben gelebt.
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